Bin ich Berufspokerspieler und muss Steuern zahlen? | #89

Bin ich Berufspokerspieler und muss Steuern zahlen-min

Es ist immer wieder die gleiche Frage, die sehr viele Pokerspieler in Deutschland bewegt:

Muss ich als Pokerspieler meine Gewinne versteuern?

Die Frage beschäftigt seit über 10 Jahren auch die deutsche Rechtsprechung. Die Rechtsprechung ist in den letzten Jahren davon abgegangen, die Frage der Besteuerung ausschließlich davon abhängig zu machen, ob Poker als Glücksspiel eingeordnet wird oder nicht. Die Frage, ob Poker ein Glücksspiel ist, wurde mittlerweile ziemlich eindeutig beantwortet:

  • Grundsätzlich ist Poker, zumindest teilweise, ein Glücksspiel.
  • Je größer die Unterschiede in Bezug auf die Spielfähigkeiten der Spieler am Tisch, desto geringer ist der Glücksfaktor (=Berufspokerspieler). 

Im Ergebnis geht es nicht mehr um die Frage, ob Poker ein Glücksspiel ist, sondern um die Frage, ob der jeweilige Spieler ein "Berufspokerspieler" ist. Daraus kann man Folgendes schlussfolgern:

  • Gewinne von Berufspokerspielern" werden besteuert.
  • Gewinne von "Anfängern" werden nicht besteuert. 

Diese Annahmen können wir einem Urteil aus dem Jahr 2018 entnehmen, denn dort heißt es wörtlich:

"Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger zu 1. bereits in den Streitjahren 2004 bis 2006 aus einer Tätigkeit als „Berufspokerspieler“ steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Denn im Hinblick auf den unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Kläger, dass der Kläger zu 1. erst Ende 2003 seine „erste Hand“ gespielt hat, ist dessen Spielertätigkeit in diesen Jahren nach Überzeugung des Senats (noch) nicht als gewerbliche Tätigkeit, sondern als bloße Teilnahme an Glückspielveranstaltungen zu qualifizieren."

Finanzgericht Münster, Urteil vom 12.10.2018 - 14 K 799/11 E,G

Jeder, der regelmäßig Poker spielt, egal ob Cashgame, MTT, SNGs, u.a., weiß wie schwierig die Frage zu beantworten ist, ob er Berufspokerspieler (=Winningplayer bzw. "Berufspokerspieler") oder lediglich Amateuer ist. 

Nach meiner rechtlichen Einschätzung können die nachfolgenden Kriterien helfen, die Frage zu beantworten, ob jemand Berufspokerspieler ist oder nicht:

Ich bin eher Berufspokerspieler:

  • Vollzeit Spieler
  • Keine andere Hauptbeschäftigung als Unternehmer oder Arbeitnehmer
  • Keine andere Hauptbeschäftigung im Rahmen der Ausbildung (Studium, Ausbildung, u.a.)

In bin eher kein Berufspokerspieler:

  • Kein Vollzeit Spieler 
  • Hauptbeschäftigung als Unternehmer oder Arbeitnehmer
  • Hauptbeschäftigung im Rahmen einer Ausbildung (Studium, Ausbildung, u.a.)

 

Das Urteil des Finanzgerichts Münster geht ebenfalls in diese Richtung. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass der Pokerspieler in jedem Fall solange nicht als Berufspokerspieler eingeordnet wurde, solange er als Arbeitnehmer tätig war.

Jetzt stellt sich noch die Frage, wie geht das Finanzamt damit um, wenn ein Spieler hohe Gewinne erzielt, aber nach der gerichtlichen Einordnung eigentlich nicht als Berufspokerspieler einzuordnen ist. Nach meiner rechtlichen Einschätzung darf man zunächst davon ausgehen, dass in dem Fall keine Besteuerung von Gewinnen zu erfolgen hat, auch wenn dies nicht garantiert werden kann. Letztendlich ist in dem Fall eine individuelle Prüfung notwendig, wie der jeweilige Spieler seine Gewinne konkret erzielt hat.

 

Beispiel: Keine Besteuerung von Gewinnen 

Nehmen wir an, ein Spieler hat innerhalb der letzen 4 Jahre insgesamt 99.000 Euro an Gewinnen erzielt. Die Hauptbeschäftigung des Spielers war es Medizin zu studieren. Der Spieler spielte während dieser Zeit ca. 500 Turniere mit einem "average Buy In" von 50 Euro und erzielte dabei insgesamt Verluste in Höhe von - 1.000 Euro. Zudem nahm der Spieler insgesamt an drei "Sunday Millions" auf Poker Stars teil und kam dadurch insgesamt auf einen Gewinn in Höhe von 100.000 Euro, womit der Spieler in der Zeit während seines Studiums insgesamt einen Gewinn von 99.000 Euro erzielte.

In dem Fall wäre eine Einordnung als Berufspokerspieler nach meiner Einschätzung falsch. Eine Analyse der 500 Turniere ergibt, dass der Spieler keine Gewinne erzielt und damit Losingplayer ist. Die hohen Gewinne beruhen auf der Tatsache, dass er im Sunday Million "Glück" hatte. Anstatt ein Sunday Million zu spielen, hätte er auch Lotto spielen und gewinnen können. In dem Fall hätten die Gewinne unstreitig nicht besteuert werden müssen. Damit möchte ich darauf hinaus, dass für eine rechtlich qualitativ richtige Einordnung eine Tiefenanalyse notwendig ist. Die Frage darf nicht sein, ob der Pokerspieler besteuert wird, sondern ob der Pokerspieler in der jeweiligen Spielvariante (inkl. vergleichbaren "Buy Ins") als Berufspokerspieler einzuordnen ist.  Eine logische Gegenprobe wäre: Welche Winnings würde der Spieler erzielen, wenn er 500 Sunday Millions spielt. Zudem wäre es denknotwendig, dass in dem Fall in den Folgejahren der Spieler auch Verluste geltend machen könnte, auch wenn aufgrund unseres Steuersystems die Gefahr bestünde, dass Gewinne besteuert werden, im Falle von Verlusten das Finanzamt jedoch von sogenannter "Liebhaberei" ausgeht, d.h. Verluste können nicht steuerlich geltend gemacht werden.

Dieser Blog soll vor allem drei Dinge aufzeigen:

  • Ja, Berufspokerspieler müssen ihre Gewinne besteuern.
  • Die Einordnung, ob jemand Berufspokerpsieler ist, darf keinesfalls ausschließlich vom erzielten Gewinn abhängig gemacht werden.
  • Es gibt enormen Argumentationsspielraum, ob jemand Berufspokerspieler ist oder nicht.

 

Sollten Finanzämter dieser Argumentation nicht folgen, Winningplayer besteuern, hingegen Losingplayern Liebhaberei vorwerfen, wäre ein Verstoß gegen Art. 3 GG denkbar. Hier lohnt es sich gegenüber dem Finanzamt im Streitfall die konkrete Art und Weise der Gewinnerzielung darzulegen und mit nachvollziehbaren Argumentationslinien im Zweifel die Steuerbarkeit von Poker Gewinnen zurückzuweisen. 

 

In unserem nächsten Blog wird es darum gehen, warum Pokerspieler ihre Gewinne gegenüber dem Finanzamt anzeigen sollten und welche Vorteile dadurch entstehen können. 

 

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