Muss ich am Ende des Jahres auch ohne Cashout meine Poker Bankroll versteuern? | #62

Muss die Bankroll versteuert werden oder führt erst der Cashout auf das Pokerkonto zur Steuerbarkeit.

Ob Pokergewinne in Deutschland überhaupt steuerpflichtig sind, ist stark umstritten. Es gibt aufgrund aktueller Entscheidungen in Einzelfällen zahlreiche Gründe, die gegen eine Besteuerung sprechen. Sollte jedoch von einer Steuerpflicht ausgegangen werden, stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt Gewinne zu versteuern sind.

Muss der Vermögenswert der Bankroll versteuert werden bevor ein Cashout auf Bankkonto, Paypal und Co. erfolgte? 

Für das Finanzamt ist bei dieser Frage entscheidend, ob der vermeintlich Steuerpflichtige eine Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat. An dieser Stelle kann man unterschiedlicher Meinung sein. Einige deutsche Finanzämter vertreten die Ansicht, dass bereits der Wert der Bankroll zum Steuerstichtag (31.12. des jeweiligen Jahres) besteuert wird, auch wenn kein Cashout und eine Umwandlung der Bankroll in Guthaben auf dem jeweiligen Konto erfolgte. Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Pokerspieler jederzeit Zugriff auf seine Bankroll hat, d.h. er kann den Pokeranbieter zum Cashout auffordern und erhält innerhalb weniger Tage den Gegenwert der Bankroll als Auszahlung auf Bankkonto bzw. Online Bankkonto.

Wir sind der Meinung, dass diese Ansicht nicht zutreffend ist. Der Pokerspieler hat gerade nicht die Zugriffsmöglichkeit auf den Wert der Bankroll, solange der jeweilige Pokeranbieter der Auszahlung nicht zustimmt. Hierfür haben wir in der Vergangenheit zahlreiche Beispiele in der Praxis gesehen, warum Gelder nicht ausgezahlt wurden (unvollständige Angaben der Stammdaten, Vorwurf des AGB Verstoßes, Black Friday, Cashout Limit überzogen, u.a.). Im Gegensatz zum Guthaben auf einem Sparkonto, bei dem der Kontinhaber einen durchsetzbaren Anspruch gegenüber der Bank hat, ist das nicht ohne weiteres analog auf die Bankroll beim Pokeranbieter anzuwenden. Bereits ein Blick in die AGB der jeweiligen Onlinepokeranbieter gibt Aufschluss darüber.

 

Muss der Wert von "Bonuspunkten" (Rakeback Punkten) versteuert werden, bevor diese umgetauscht wurden?

Bezüglich Bonusprogrammen ist die Frage des Zeitpunktes der Steuerpflichtigkeit aus unserer Sicht noch eindeutiger, da zu den oben genannten Problemen hinzukommt, dass u.a. bei "Milestones" der Umtausch von Punkten in Bankroll Guthaben vom erreichen weiterer Ziele abhängig ist. Zudem ist der Gegenwert zu einem Punkt abhängig vom Zeitpunkt des Cashouts, d.h. tausche ich nicht direkt meine Punkte ein, sondern sammle diese, erhalte ich bessere Kurse bzw. bessere Sachwerte. Das eindeutigste Argument ist darin zu sehen, dass sich Bonusprogramme ständig ändern, was dazu führt, dass sich der Wert von Bonuspunkten verringern oder sogar auf 0 fallen kann im Falle einer Änderung des Bonusprogramms vom jeweiligen Pokeranbieter.

 

Wie gehe ich mit dieser uneindeutigen Rechtslage um?

Auch wenn du als Pokerspieler unserer Meinung folgst, sollten Pokerspieler in Deutschland dennoch Vorsorge dafür treffen, um nicht der Steuerhinterziehung angeklagt zu werden. Dafür sollte im Rahmen der jährlichen Steuererklärung unter dem Passus "besondere Hinweise für das Finanzamt" neben den jährlichen Gewinnen (Einnahmen minus Ausgaben) der Wert der Bankroll erklärt werden, wobei gleichzeitig eine ausführliche Begründung beigefügt werden sollte, warum Pokergewinne insgesamt im Einzelfall nicht zu versteuern sind und warum insbesondere der Wert der Bankroll gerade nicht vor dem Cahsout auf ein Bankkonto (Girokonto, Paypal, Skrill, ect) steuerbar ist.

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